OLG Hamburg, Urt. v. 14.06.2012 – 3 U 5/12: Nach Auffassung des OLG Hamburg handelt es sich bei der Aussage eines Herstellers von Baby-Folgenahrung „Magen-Darm-Probleme“ träten bei Kindern, die eine Folgenahrung mit Praebiotika und Probiotika erhalten, um 61% verringert auf im Vergleich zu Kindern, die eine Folgenahrung nur mit Probiotika erhalten, um eine Werbung mit Krankheitsbezug i. S. v. § 12 Abs. 1 LFGB. Diese Werbung sei daher verboten. § 12 LFGB sei neben Art. 14 Abs. 1 Healthclaimsverordnung (VO EG Nr. 1924/2006) anwendbar. Das Verbot des § 12 LFGB setze nicht voraus, dass die Werbeaussage eine konkrete Krankheit benennt. Es genüge ein indirekter Bezug, der hier gegeben sei. Die Aussage sei nicht nur als Hinweis auf eine bessere Verträglichkeit zu verstehen. Zumindest seien Magen-Darm-Beschwerden mit Krankheitswert „auch“ erfassbar. Diese Mehrdeutigkeit müsse der Hersteller gegen sich gelten lassen.
Anmerkung: Das Gericht vertritt eine sehr weite Auslegung des Krankheitsbegriffs. Gerade bei Kleinkindern wird der informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (i. d. R. die Eltern) unter „Magen-Darm-Problemen“ keine Krankheit, sondern vielmehr die alltäglichen „Verdauungsprobleme mit Bauchweh und durchwachten Nächten“ verstehen. Die Entscheidung vermittelt ein Verbraucherleitbild, das nicht mehr in die heutige Zeit passt. Gleichwohl sind Hersteller und Werbende gehalten, bei Claims lieber noch eine Klarstellung mehr zu verwenden, vorliegend z.B. mit den Worten „alltäglich“ oder „bei Kleinkindern entwicklungsbedingt“.